Sehr geehrte Frau Staatssekretärin Dr. Stenke, liebe Frau Professorin Dr. Lin-Klitzing, liebe Frau Schwitzer, liebe Frau Rhenius, liebe Frau Schulz-Evers, liebe langjährige 2. Vorsitzende Margit Fuhrmann und Christian Wendt, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie alle möchte ich sehr herzlich zur öffentlichen Veranstaltung anlässlich unseres heutigen Jahreskongresses begrüßen.

Den Schwung, den unsere jungen Musikerinnen und Musiker des Helene-Lange-Gymnasiums hier in Rendsburg in unsere Veranstaltung gebracht haben, diesen Schwung, meine Damen und Herren, wünschen wir uns in diesem Jahr von Landtag und Landesregierung, wenn es darum geht, die richtigen Entscheidungen für unsere Schülerinnen und Schüler und für unsere Gymnasien zu treffen! Die Begabung und Einsatzfreude der jungen Musikerinnen und Musiker zeigen uns jedenfalls: Solange unsere Schülerinnen und Schüler zu solchen Leistungen außerhalb des Unterrichts bereit und fähig sind, kann es um unsere Gymnasien nicht so schlecht bestellt sein!

Wir freuen uns heute, zwei wichtige Entscheidungsträgerinnen bei uns zu haben: Liebe Frau Lin-Klitzing, Sie sind mit einem überaus überzeugenden Ergebnis auf der jüngsten Vertreterversammlung in Berlin zu unserer neuen Bundesvorsitzenden gewählt worden. Damit treten Sie an die Stelle unseres Freundes Heinz-Peter Meidinger, eines unbeirrbaren Kämpfers für ein starkes Gymnasium in einem funktionierenden gegliederten Schulwesen. Ich weiß, dass es Ihnen darum gehen wird, diesen Weg weiterzugehen, und wer Sie kennt, weiß auch, dass Sie dabei neue Akzente setzen werden, Akzente, die in einem engen Zusammenhang zu Ihrer wissenschaftlichen Arbeit und zu Ihrem bisherigen Engagement für unseren Verband stehen: Sie betreffen die Lehrerbildung! „Schüler brauchen exzellente Lehrer!“ lautet das Motto unseres Kongresses. Kaum jemand könnte dieses Motto überzeugender in der Öffentlichkeit vertreten als Sie, und Sie besuchen heute ein Bundesland, in dem es viele Gründe gibt, dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, denn, liebe Gäste unserer heutigen Veranstaltung, in der Lehrerbildung in Schleswig-Holstein liegt einiges im Argen!

Die künftigen Lehrkräfte an unseren Gymnasien erleben – und das sage ich bei allem Respekt vor den Hochschullehrerinnen und –lehrern, vor den Studienleiterinnen und –leitern im Land, eine Ausbildungswirklichkeit, die von drei entscheidenden Fehlentwicklungen bestimmt wird:

– 1. zielt die Ausbildung, zumindest an der Europa-Universität Flensburg, nicht auf die Schulart ab, an der die Referendarinnen und Referendare später tätig sein werden, sondern auf die Schulstufe! Ein Bewusstsein für einen gymnasialen Bildungsauftrag von der Sexta bis zum Abitur kann auf diese Weise nicht geschaffen werden, und – gestatten Sie mir einen kleinen Seitenhieb auf die Vorgänger-Regierung – es sollte wohl auch nicht geschaffen werden!
– 2. setzen die Ausbildungsgänge an den beiden für die Lehrerbildung zuständigen Universitäten, die Christian-Albrechts-Universität in Kiel und die Europa-Universität in Flensburg unterschiedliche Schwerpunkte und stellen weit auseinanderliegende Anforderungen in Bezug auf Fachwissenschaft, Fachdidaktik und Praxisbezug! Ein unerträglicher Zustand!
– 3. ist an die Stelle fester Lerngruppen und weitgehend schulartspezifischer Ausbildungsinhalte in der zweiten Phase der Ausbildung ein unüberschaubarer Modultourismus getreten. Den beruflichen Anforderungen an die jungen Studienrätinnen und Studienräte wird dies nicht gerecht, zumal das Referendariat noch immer – und das zu unserem Ärger – auf eineinhalb Jahre begrenzt ist.

Meine Damen und Herren, der Philologenverband wird hier nicht locker lassen! Die Lehrerbildung ist ein zentrales Thema der aktuellen und künftigen Schulpolitik. Und daran werden und müssen wir die politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger messen.

Verehrte Frau Staatssekretärin, Sie und Ihr Ministerium verdienen aber auch ausdrücklich den Dank unseres Verbandes! Am meisten beeindruckt hat uns Ihre Offensive für Qualität in der Schule und die Remobilisierung des Leistungsbegriffs. Die Grundschule und die weiterführenden Schularten Gemeinschaftsschule und Gymnasium stärker zu profilieren, das ist das Gebot der Stunde! Ohne dass ich an dieser Stelle ins Detail gehen möchte, versichere ich Ihnen hier und jetzt: In diesem Bemühen, Frau Staatssekretärin, haben Sie im Philologenverband einen Verbündeten!

Auch Ministerin Prien hat gleich nach ihrem Amtsantritt das Gespräch mit uns gesucht und geführt! Dabei war es für uns erstaunlich, in welcher Geschwindigkeit aus der Oppositionspolitikerin der Freien und Hansestadt Hamburg eine schulpolitische Expertin wurde, die bereit war, zuzuhören, Details aufzunehmen und uns realistische Optionen für schulpolitische Veränderungen aufzuzeigen, uns aber auch zu sagen, was nicht oder nicht sofort zu realisieren ist!

Wir stehen auch an Ihrer Seite, Frau Staatssekretärin, wenn Sie und das Kabinett, dem Sie angehören, eine Unterrichtsversorgung gewährleisten, die höher ist als 100%. Das sind wir alle den Schülerinnen und Schülern schuldig, insbesondere angesichts der so begrüßenswerten Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium. Eine erkennbar bessere Unterrichtsversorgung ist aber auch als Signal zu verstehen, als Signal in Richtung Lehrernachwuchs an den Hochschulen und im Referendariat: Seht her, hier bei uns im Land sind die Arbeitsplätze, hier habt Ihr die Herausforderungen, die Ihr sucht, und nicht in anderen Bundesländern, wo Ihr ein geringeres Stundendeputat und – schon jetzt – höhere Gehälter bekommt!

Meine Damen und Herren, Sie merken es schon! Als Berufsverband der Lehrerinnen und Lehrer an Gymnasien liegt uns unsere pädagogische Arbeit am Herzen. Sie ist unsere Kernaufgabe! Die Schülerinnen und Schüler sind und bleiben unsere wichtigste Bezugsgruppe! Wenn wir dieser aber in angemessener Weise gerecht werden wollen, dann brauchen wir Lehrkräfte einen sozialen Rahmen, das heißt wir brauchen Arbeitsbedingungen, die uns dieser pädagogischen Aufgabe gerecht werden lassen, die uns helfen, gesund zu bleiben, vor einer immer heterogeneren Schülerschaft nicht zu kapitulieren und uns Zeit lassen, … für unseren pädagogischen Auftrag, aber auch für unsere Reserven, für Erholung und Ausgleich: Deswegen mein Appell an Sie, verehrte Abgeordnete, verehrte Staatssekretärin! Setzen Sie sich für eine Reduzierung unserer wöchentlichen Arbeitszeit ein! Dies ist in Niedersachsen gelungen, dies ist fair und angemessen, und, wenn Sie es denn betriebswirtschaftlich sehen wollen, dies ist eine lohnende Personalinvestition: Wer mit seiner Arbeitskraft haushalten kann, der wird weniger krank und erzeugt weniger Vertretungsbedarf! Dass eine Reduzierung unseres Stundendeputats natürlich auch eine Chance für Neueinstellungen bedeutet, das leugnen wir nicht. Wir sind eine Gewerkschaft, und als solche haben wir uns für Beschäftigung einzusetzen!

Als neugewähltem 1. Vorsitzenden steht es mir gut an, auch in diesem öffentlichen Teil unseres heutigen Jahreskongresses meinen Dank auszusprechen. Dass ich mich über das große Vertrauen gefreut habe, das mir unsere Delegierten heute Morgen ausgesprochen haben, konnten Sie mir ansehen. Das hat mich sehr berührt. So etwas kann und möchte ich auch nicht verbergen. Die Verantwortung, die mir unser Verband mit diesem Amt übertragen hat, beginnt mit dem heutigen Tag! Unser aller Dank aber gilt jemandem, der diese Verantwortung in den letzten zwölf Jahren trug und sich dabei – ganz ohne Zweifel – den Respekt aller erworben hat… seine Widersacher im Landtag eingeschlossen! Lieber Helmut, ohne eine kleine öffentliche Ehrung entlassen wir Dich nicht! Wir freuen uns, an diesem Tag einen neuen Ehrenvorsitzenden bekommen zu haben, den zweiten nach Klaus-Dieter Heyden: Unsere herzlichen Glückwünsche dazu, lieber Helmut! Diese Glückwünsche lassen uns nur deswegen nicht sentimental werden, weil Du viel zu aktiv, zu inspiriert und zu versiert bist, um Dich in eine private Nische zurückzuziehen. Das passt nicht zu Dir, Du bist als Wegbegleiter unserer künftigen Arbeit nicht nur gern gesehen, Helmut, wir brauchen Dich auch weiterhin!

Zwölf Jahre hatten mindestens für eine Person hier im Saal eine sehr entbehrungsreiche Seite: Liebe Anke, Du musstest auf Deinen Mann an vielen Tagen und Abenden verzichten, Groll gegenüber unserem Verband hast Du dabei nie gezeigt! Das verdient unseren herzlichen Dank, den wir Dir an dieser Stelle gern mit diesem Frühlingsstrauß zum Ausdruck bringen wollen!

In Zukunft hast Du Helmut häufiger an Deiner Seite! Eine neue Situation. Sollte sie Euch anfänglich überfordern, liebe Anke, schicke Deinen Mann zu uns, wir haben immer eine Aufgabe für ihn…

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, eines sollte in meinen Begrüßungsworten deutlich geworden sein: Vor uns liegen zwölf arbeitsreiche Monate. Verbandsarbeit ist Kärrnerarbeit. Und dennoch oder gerade deswegen: Ich freue mich auf diese Arbeit, ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit unserem Landesvorstand, mit unseren Ortsverbänden, mit unseren Schulgruppen, und mit all denen, die unsere Arbeit freundlich, aber auch kritisch begleiten!
Zunächst freue ich mich auf das Grußwort von Ihnen, verehrte Frau Staatssekretärin, und im Anschluss auf den Festvortrag von Ihnen, liebe Frau Lin-Klitzing!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Jens Finger